Timpkenfest in Enger

Der 6. Januar wird in Enger besonders gefeiert: Am Dreikönigstag begeht die Widukindstadt nach uralter Überlieferung ihr Timpkenfest. Und zwar diesmal wieder in voller Pracht, nachdem die beiden vorangegangenen Corona-Jahre den Ausrichtern des Festes, der Kirchengemeinde und der Stadt Enger, große Einschränkungen aufgezwungen hatten. Aber ganz ausgefallen war das Timpkenfest nie, hatten die Bürger:innen doch auch in den vergangenen beiden Jahren zumindest die Möglichkeit, den Festgottesdienst via YouTube mitzuerleben.

Der Legende nach war es der Sachsenherzog Widukind, der die Tradition des Timpkenfestes begründete. Die Geschichtswissenschaft hingegen führt den Brauch auf eine spätmittelalterliche Stiftung zurück.

Der in Enger gemeinhin anerkannten Version der Geschichte nach hatte der zum Christentum bekehrte Widukind verfügt, dass alljährlich an seinem Todestag eine Armenspeisung erfolgen solle, auf dass die Menschen seiner gedenken und für sein Seelenheil beten mögen.
Diese „Widukindspende“ ist in Enger noch immer Brauch: Nach einem feierlichen Gottesdienst in der Engeraner Stiftskirche werden von den Provisoren, das sind geistliche und weltliche Würdenträger der Stadt, am Kirchenausgang die Timpken, geviertelte süße Brötchen, verteilt.

Es sind in erster Linie die Kinder, an die sich das Fest richtet. Und die nehmen gern daran teil, auch wenn das Fest regelmäßig in die Schulferien fällt. Aber ebenfalls kann man jedes Jahr erleben, dass viele ältere Mitbürgerinnen und Mitbürger eine enge Bindung an dieses schöne Brauchtum bewahrt haben.

Den Gottesdienst zum Timpkenfest in der zum Glück wieder voll besetzten Stiftskirche Enger – darunter zahlreiche Kinder der Engeraner Kindertageseinrichtungen – gestalteten in diesem Jahr die Pfarrer Stephan Horstkotte und Eckardt Koch von der evangelischen Kirchengemeinde Enger zusammen mit ihrem Kollegen Pastor Carsten Adolfs von der katholischen St.Dionysius-Gemeinde. So war denn erstmals auch die Aussendung der Sternsinger zu ihrer jährlichen Sammelaktion Bestandteil des Ablaufs. Die Sternsingeraktion wird in Enger 2023 bereits zum dritten Mal ökumenisch, also konfessionsübergreifend, durchgeführt.

Die Figur Widukinds wurde in zwei Spielszenen vom Engeraner Matthias Rasche verkörpert. Er verband dabei die Legende um Widukinds Annahme der Christentums mit dem Brauchtum des Dreikönigstags.

Bei der anschließenden Timpkenverteilung vor den Kirchentüren sorgten die Provisoren dafür, dass niemand mit leeren Händen nach Hause gehen musste.

Neben vielen Mitgliedern des Presbyteriums und Sattelmeiern verteilten hier u. a. auch stellvertretender Landrat Hartmut Golücke, Bürgermeister Thomas Meyer, stv. Bürgermeister Philip Kleineberg und Fraktionsvorsitzender Norbert Busch mit vollen Händen die begehrten süßen Brötchen.

Zum weiteren Programm gehörte ein für alle Interessierten offenstehender Vortrag im Gemeindehaus unter dem Titel „Im Anfang war die Woort – Flurnamen im Ravensberger Land und ihre vergessene Bedeutung“. Der Referent Gisbert Strotdrees ist Historiker und arbeitet als Redakteur beim Wochenblatt für Landwirtschaft und Landleben in Münster. Außerdem ist er Lehrbeauftragter an der Universität Münster. Für sein Buch „Im Anfang war die Woort – Flurnamen in Westfalen“ wurde er 2020 mit dem Fritz-Reuter-Literaturpreis ausgezeichnet.

Seinen Abschluss fand das Timpkenfest auch in diesem Jahr mit einem gemeinsamen Mittagessen der Provisoren im Gemeindehaus, das – auch dies langjährige Tradition – aus einer deftigen Erbsensuppe inklusive Timpken bestand.

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